Politische Bildung und Debattenkultur in Sachsen fördern – Für mehr Auftritte von Politikern an Schulen und Hochschulen

Unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung lebt von argumentativer
politischer Auseinandersetzung, Debatte, Öffentlichkeit und Transparenz. Die
Mitwirkung von Parteien an der politischen Willensbildung hat Verfassungsrang
und Mandatsträger erfüllen einen wichtigen Dienst in unserer Demokratie. Sie
gehören in die Mitte der Gesellschaft, ebenso wie die politische Debatte in die
Mitte des Bildungswesens gehört.


Vor diesem Hintergrund fordern wir ein Umdenken im Umgang mit
Volksvertretern durch öffentlich finanzierte Bildungseinrichtungen.


Mehr Mut zu demokratischer Kultur – Politische Urteilsfähigkeit von Schülern
stärken

Der „Erlass zur Durchführung von Veranstaltungen mit Politikern an öffentlichen
Schulen“ vom 24. Februar 2016 gestattet Schulen vielfältige Möglichkeiten, ihre
Schüler mit Volksvertretern und Parteien in Kontakt zu bringen (bspw. durch
Parlamentsbesuche, Diskussionsveranstaltungen, Projekttage etc.). Aus einer
falschen Vorsicht und Angst vor einseitiger Indoktrination versagen zu viele
Schulleitungen ihren Schülern regelmäßig die Chance, sich hautnah mit
politischen Akteuren auszutauschen.


Wir appellieren daher an die Schulleitungen im Freistaat Sachsen, ihrem
politischen Bildungsauftrag nachzukommen und von den vielfältigen
Möglichkeiten, die oben genannter Erlass bietet, intensiv Gebrauch zu machen.
Junge Menschen benötigen gerade auch den direkten Austausch mit
Verantwortungsträgern, um sich politische Urteile bilden zu können und an
unserer pluralistischen Demokratie zu partizipieren. Gerade vor dem Hintergrund
der zunehmenden Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre wächst diesbezüglich
die Verantwortung der Schulen.


Transparenz und Fairness statt Misstrauen und Missbrauch – Politiker an
Hochschulen willkommen heißen

Die Kriterien für den Auftritt von Politikern an sächsischen Hochschulen sind
unzureichend definiert und die hochschulseitige Entscheidung für oder gegen
einen Auftritt oft nicht nachvollziehbar. Besonders die in Hausordnungen
verschiedener Hochschulen definierte Ausnahme, in der festgelegten
Vorwahlzeit Auftritte von Politikern nur im Rahmen von Veranstaltungen mit Lehr
veranstaltungscharakter zu gestatten, lädt zu Missbrauch ein.

Wir sind überzeugt, dass Hochschulen ein zentraler Ort politischer Debatten sind.
Parteipolitische Akteure und Mandatsträger dürfen nicht willkürlich seitens der
Hochschule oder der Staatsregierung von der politischen Auseinandersetzung an
öffentlich finanzierten Hochschulen ferngehalten werden. Ganz im Gegenteil –
wir sind überzeugt, dass die Teilnahme von Politikern an gesellschaftlichen und
politischen Debatten an Hochschulen von herausragender Bedeutung ist.


Vor diesem Hintergrund fordern wir:

  1. Die sächsische Staatsregierung soll vor Wahlen keine Erlasse oder
    Empfehlungen verabschieden, die Auftritte von Politikern an öffentlich
    finanzierten Hochschulen verunmöglichen, bzw. erheblich einschränken.
  2. Abweichend davon soll für die sechs Wochen vor einer Wahl eine Sperrfrist
    gelten, in denen Veranstaltungen mit parteipolitischen Akteuren an öffentlich
    finanzierten Hochschulen nur noch unter Wahrung von Neutralitäts-,
    Konfrontations- und Pluralitätsgeboten stattfinden dürfen. Dazu sind einheitliche
    Vorschriften zu erarbeiten. Die Leitlinien des Beutelsbacher Konsens‘ können
    dabei als Vorbild dienen.
  3. Politischen Akteuren muss auf Einladung von Hochschullehrern, Dozenten,
    Hochschulgremien und anerkannten studentischen Hochschulgruppen die
    Möglichkeit gegeben werden, an öffentlich finanzierten Hochschulen zu
    sprechen (Einschränkungen gelten gemäß oben genannter Sperrfrist-Klausel).
  4. Auftritte politischer Akteure auf Einladung müssen der Hochschulverwaltung
    angezeigt werden und durch diese der Hochschulöffentlichkeit bekanntgemacht
    werden. Durch Bereitstellung angemessen großer Räumlichkeiten muss
    Hochschulangehörigen und Studenten der breite Zugang zu einer solchen
    Veranstaltung ermöglicht werden.
  5. Aus den jeweiligen Hausordnungen öffentlich finanzierter Hochschulen sollten
    die Passi gestrichen werden, die Einschränkungen und Ausnahmen bezüglich
    Politikerauftritten in der Vorwahlzeit definieren.

Beschlossen am 30.11.2019