Warum die Arbeitsmigration von Ost- nach Westdeutschland noch weiter anhalten kann

Ein Gastbeitrag von Christian Finke

Am 1. Juli 1990 trat die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion in Kraft; ein Schritt weiter hin zur Wiedervereinigung. Praktisch hieß dies nicht viel mehr, als dass die baldigen neuen Bundesländer denselben institutionellen Rahmen wie die BRD bekamen. In Kombination mit Förderungsprogrammen wurde das Ziel der Angleichung der Lebensverhältnisse gesetzt: Die Wiesen im grauen Osten sollten genau so grün blühen wie die Nachbarwiesen im goldenen Westen.

Dass Altkanzler Kohl 1992 in Halle mit Eiern beworfen wurde, weil das innerhalb von zwei Jahren nicht gelang, könnte man als etwas ungerecht betrachten. Seitdem gab es allerdings einen nachhaltigen Zuzug von Ostdeutschen nach Westdeutschland. Die sogenannte Arbeitsmigration wird ausgelöst durch einen Überhang von Erwerbsfähigen und/oder einer mangelnden Kapitalbasis.

Auf dem Weg zu den blühenden Landschaften

Heimatverbundene hetzten und hetzen sich zudem jedes Wochenende zu Tausenden über die A4 und andere Ost-West-Verbindungen. Die mäßige Kapitalausstattung in Ostdeutschland, im Verhältnis zu Westdeutschland, sorgte dafür, dass sich viele Menschen selbst auf den Weg zu den blühenden Landschaften machten. Also in den Westen Deutschlands.

Nach nunmehr 24 Jahren zeigen sich die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen Ost und West als persistent. Das Haushaltsnettoeinkommen in Ostdeutschland liegt seit Jahren bei ca. 75% des westdeutschen Haushaltsnettoeinkommens.

Die Arbeitslosenquote in Ost und West behält ebenfalls ihr relatives Verhältnis bei. Während sie in Westdeutschland bei ca. 6% liegt, liegt sie sich in Ostdeutschland bei nunmehr 10%. Die sinkende Tendenz in Ostdeutschland sollte allerdings mit Zurückhaltung betrachtet werden, denn seit der Wiedervereinigung gab es einen steten Bevölkerungsschwund. Das gilt auch für die letzten Jahre, in denen ein wirtschaftlicher Aufschwung zu verzeichnen war.

Einfache Lösung vs. aufwendige Lösung

Wenn Deutschland ein homogener Wirtschaftsraum werden soll, welcher halbwegs gleiche Lohnniveaus und Erwerbsquoten aufweist, dann gibt es zum Erreichen dessen zwei wesentliche Wege. Entweder die Arbeitsmigration hält solange an, bis der Überhang an Erwerbsfähigen in Ostdeutschland abgebaut oder äquivalent Investitionskapital aufgebaut wurde. Dazu gehört eine gute Infrastruktur – welche durchaus vorhanden ist -, einen starken Wissenschaftsstandort, dazu notwendige Unternehmensansiedlungen und Unternehmensneugründungen sowie eine Bürokratie, welche die Unternehmensführung und Neugründung befördert.

Theoretisch mag eine weiter anhaltende Arbeitsmigration zu einem angleichen der Löhne führen, ob das aber, im Kontext der unveränderten Strukturschwäche ostdeutscher Regionen, tatsächliche passieren wird, ist mit Zweifeln behaftet. Auch wenn dies der einfachere Weg ist, so muss die Ochsentour über den Kapitalaufbau als sinnvoller erachtet werden. Allerdings nötigt dieser Weg politischen Willen und Geduld ab. Am Ende steht somit die Frage: Einfache Lösung vs. aufwendige Lösung?

Christian Finke ist VWL-Student und Mitglied der JuliA Dresden.

[Wir veröffentlichen an dieser Stelle regelmäßig Gastbeiträge und freuen uns über Einsendungen. Schicke uns Deine liberalen Ideen, und wir geben ihnen eine Plattform. Wir behalten uns die Veröffentlichung allerdings vor. Gastbeiträge  sind Meinungsäußerungen der Autoren und spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der Jungliberalen Aktion Dresden wider]